Was sind die saisonalen und ganzjährigen Auswirkungen von Allergien auf das Auge?

Ein Beitrag von sicca.care (der Beitrag wurde vereinfacht gehalten und fachlich unverständliche Wörter direkt erklärt)

Unter einer allergisch getriggerten Bindehautentzündung (Konjunktivitis) versteht man entzündliche Prozesse der Bindehaut (Tunica conjunctiva) aufgrund spezifischer Abwehrreaktionen des Immunsystems auf Stoffe oder Inhaltsstoffe die direkt im Umfeld des Menschen auf ihn einwirken.

Es gibt fünf klinische Formen bzw Mischformen:

  1. Die saisonale allerg. Bindehautentzündung bzw. Konjunktivitis (SAC) – Frühblüher
  2. Die ganzjährige allerg. Bindehautentzündung (perenninal) bzw. Konjunktivitis (PAC) – Hausstaub-Milben oder Schimmel
  3. Die chronische (vernale) Keratokonjunktivitis (VKC) -> Eine Keratokonjunktivitis ist eine gleichzeitige Entzündung der Bindehautentzündung (Konjunktivitis) und der Hornhaut des Auges (Keratitis)
  4. Die atopische Keratokonjunktivitis (AKC) -> Unter einer Atopie versteht man eine genetisch determinierte Bereitschaft auf aerogenen, gastrointestinalen oder kutanen Kontakt mit natürlichen oder künstlichen Stoffen
  5. Die „gigantisch“ geschwollene (gigantopapilläre) Bindehautentzündung bzw. Konjunktivitis (GPC)

Die allergische Beteiligung (Diathese) am Auge ist oft mäßig bis stark ausgeprägt, dies ist oftmals an der hohen Anzahl/Dichte an Mastzellen in der Bindehaut erklärbar. Ideale Bedingungen für eine Hypersensibilität, meiner Meinung nach. Außerdem ist um die Haupttränendrüse das sog. lymphatische Gewebe welches diese Umfass (CALT=conjunctiva associated lymphoid tissue) gelegen. Ebenfalls ein sehr kurzer Weg vom lymphatischen Gewebe zur Tränendrüse und Konjunktiva. Über spezielle Gefäße ist es den lymphatischen Zellen möglich, zwischen den verschiedenen Geweben zu zirkulieren. Dabei werden Immunmodulatoren wie Zytokine (Zytokine sind vom menschlichen Körper produzierte Eiweiße, die als Botenstoffe zwischen den einzelnen Komponenten des Immunsystems fungieren) als Sekret abgesondert, welche an genau diesen Entzündungsreaktionen beteiligt sind. Ein klassischer Immunmodulator am Auge Gewebe ist das (Ig)E „Immun Globulin E) welches für sofortige Reaktionen verantwortlich ist. Viele Patienten beschreiben mir häufig sofortige negative Reaktionen, klassisch bei einem Raumwechsel oder Kontakt mit anderen Stoffen aus der Umwelt. Voraussetzung hierfür ist klassischerweise ein Erstkontakt mit dem Allergen, welches zuvor in der Regel über längere Zeit Symptomlos verlief. Beim Zweiten oder dritten Kontakt binden sich die Allergene an die Mastzellen bzw das auf den Mastzellen vorhandene (Ig)E, sodass Histamin (Histamin ist ein Gewebshormon des Immunsystems) ausgeschüttet wird und eine Früh- bzw. Sofortphase eintritt.

Die Saisonale allergische Konjunktivitis (SAC) und perenniale Konjunktivitis (PAC) sind die häufigsten Formen mit einer Inzidenz von 15 bis 20 % in der Bevölkerung. Beide Formen sind weitgehend identisch unterscheiden sich jedoch in jedoch im Zeitpunkt und Dauer als auch Auslöser.

Die SAC beginnt meist in der frühen Kindheit und zeigt nicht selten einen zweiten Krankheitsgipfel zwischen dem 18. und 35. LJ. Die häufigsten Allergene sind Baum- und Gräserpollen sowie Pilzsporen. Während die PAC das ganze Jahr hindurch Symptome verursacht, tritt die SAC überwiegend in Saisonalen Schüben auf, meist Frühjahr und Sommer. Deswegen gilt die Hausstaubmilben- und Tierhaarallergie als PAC, weil sie das ganze Jahr auftritt. Die klassischen Symptome bzw die Kardinalssymptome der SAC und PAC sind transiente (vorrübergehende) akute oder subakute Attacken mit Rötung (konj. Injektion mit Randschlingennetz am Limbus) Tränenfluss (Epiphora), Brennen, Kuckreiz und Schwellungen der Konjunktiva (Chemosis) assoziiert, der Visus ist nicht beeinflusst. An der Spaltlampe können gering bis mäßig chemotische und hyperämische Geschehen gesehen werden, die Augenlider und die Hornhaut sind selten von diesen Geschehen betroffen, können aber bei manchen Mischformen beteiligt sein. Eine ausführliche Anamnese sowie Provokations- und RAST Analyse (Radio-Allergo-Sorbent-Test) können das Ergebnis sichern. Ich interessiere mich seitdem vermehrt für neuartige Allergie-Tränenflüssigkeitstest, mit Hilfe dieser Tests können Tränenflüssigkeiten auf einen Anteil von gesamt-IgE untersucht werden (sog. Immunochromatographie-Tests), um allergische Diathesen direkt am Auge ohne weiterführende allergische Diagnostik darzustellen. Ich werde diese Tests in meine Sprechstunden miteinbeziehen, um das klinische Bild besser eingrenzen zu können. Als wichtiger Hinweis für Patienten und Behandler bei allergischen Bindehautentzündungen ist der Unterschied zwischen allergischen und bakteriellen Bindehautentzüngen oder viralen Bindehautentzündungen. Während die SAC/PAC meist direkt typisch an beiden Augen auftritt, kommt es bei bakteriellen oder viralen Bindehautentzündungen häufig zuerst vor, dass nur ein Auge entzündet ist und das zweite Auge 1 bis 2 Tage nach dem anderen sich infiziert. Bei der bakteriellen- oder viralen Infektion fehlt ein pathognomonisches Zeichen (typisches Zeichen für diese Allergie) jedoch, der Juckreiz.

Vernale Keratokonjunktivitis

Die VKC ist überwiegend beidseitig, oft immer wiederkehrende (rezidivierende) Konjunktivitisform. Schubweise im Frühjahr auftretend, weshalb die auch "Frühjahrskatarrh" genannt wird. Überwiegend sind Jungen in bis zur Pubertät betroffen. Später gleicht sich die Geschlechterverteilung bis zum 20. LJ wieder an. In vielen Fällen ist die VKC bei Kindern eine sich selbst limitierende Erkrankung die bis zur Pubertät wieder abklingen kann. Allerdings laufen die konjunktivalen Veränderungen unter einer Art "Narbenbildung" und Visusminderungen ab. Es konnte aber in Studien gezeigt werden, dass die Visusminderungen nicht direkt von der VKC, sondern eher von den langfristigen Kortikosteridgaben (resultierende Kataraktneigung) entstanden sind als direkt von der VKC. Symptomatisch zeichnet sich die VKC durch einen anhaltenden Juckreiz, sehr ausgeprägte PHOTOPHOBIE (Lichtempfindlichkeit) bis hin zum Blepharospasmus (Zwinkertick oder Zwinkerkrampf) und ein sehr zähes Sekret (MUKUS) ab. Der Begriff "morgendliches kleines Elend" ist hierfür eher bezeichnend. Es gibt eine

-tarsale

-limbale

-gemischte

Form der VKC. Der Mukus (Sekret) kann regelmäßig mit Hilfe von sauberen Watteträgern (nicht schmutzige Finger) entfernt werden. Übrigens kann man den Schleim untersuchen lassen, um Entzündungsmediatoren und epitheltoxische (für Epithelzellen schädlich) Substanzen zu finden.

Als Komplikationen können sog. Schildulkus (Geschwüre der Bindehaut/Hornhaut) und massive Ablagerungen von Mukus und Zelldetritus (Vernalis Plaque) gesehen werden.

Atopische Keratokonjunktivitis (say hello to all atopic patients!!!)

Die AKC zeigt einen ähnlichen Verlauf wie die VKC tritt aber vorwiegend im jungen Erwachsenenalter auf. Ein Leitsymptom hierbei ist klar, die "atopische Dermatitis", die häufig als Erstsymptom ohne okuläre Beteiligung spürbar wird. Bevorzugt manifestiert sich die Entzündung erst an den Kniekehlen, Ellenbeugen Streckseiten oder Extremitäten und im Gesicht. Trigger wie Stress, psychologische Belastung, Wärme!!!!!- oder Kälte!!! können zu einer Verschlimmerung führen. Dies ist genau der Grund warum Patienten mit atopischer Dermatitis NICHT von der Wärmebehandlung profitieren, sondern eher von einer regelmäßigen antibakteriellen Therapie, wie z.B. Salizylsäure, Teebaumöl oder Kolloidales Silber, all diese Stoffe wirken antibakteriell und die physikalischen Reize wie Infrarot, Wärme oder Kälte führen häufig zu keinem nennenswertem verbesserten Ergebnis. Das sind genau die Patienten, die nach einer erfolgreichen Behandlung einer Lidrandentzündung nicht inflationär über eine Impuls Lichttherapie bzw Wärmetherapie laufen sollten! Eher eine regelmäßige antibakterielle Lidrandbehandlung/Pflege und Expression wäre die Wahl.

Kommen wir zu den Leitsymptomen der AKC sind Hautveränderungen meißt Gesicht und Augenlider. Gerötete Hautveränderungen, verdickte Hautveränderungen der Augenlider die häufig mit einer Staphylokokkeninfektion (Abstrich) einhergehen <60%!!!!! Sehr oft zeigt sich eine chronische Blepharitis (ohne Demodex) und die Konjunktiva ist vorwiegend inferior(unten) palpebral(also das Augenlidbetreffend) betroffen. Häufig ist die AKC mit einer moderatpapillären bis hin zur gigantopapillären tarsalen Konjunktivitis entwickeln. Sehr häufig treten sog. Symblepharonbildung (Verwachsung Innenlid mit der Konjunktiva). Häufig haben Patienten mit einer AKC Probleme mit wiederkehrenden Hornhautepithelschäden und Vernarbungen zu tun.

Gigantopapilläre Konjunktivitis

DIE GPC ist eine immunologisch- allergische Reaktion der Bindehaut mit stark papillärer (Himbeerartig verdickter Bindehautinnenfläche) ohne Vernarbungen der Hornhaut. Häufig wird beobachtet, dass Kontaktlinsenträger, die durch Pflegemittelsubstanzen massiv allergisch reagieren. Das typische Bild der GPC ist gekennzeichnet durch große Papillen im oberen Tarsus, sehr homogen ca. 0,3 mm groß. starke Chemosis und Hyperämie der Konjunktiva mit zähem Mukus sind zeichnend. KL werden meist gar nicht mehr toleriert, vermutlich durch direkten Kontakt der Pflegemittel/Allergene. Diese abgefahrene Form der gigantopapillären Form ist zum Glück sehr selten.

Es gibt vier wichtige Therapieprinzipien der allergischen Konjunktivitis.

  1. Allergenkaränz
  2. Pharmakotherapie lokal / systemisch
  3. Immuntherapie
  4. Die Allergische Konjunktivitis muss in das Krankheitsbild des Sicca-Syndroms einbezogen werden, da diese unmittelbar Veränderungen der Meibomdrüsen/Ausführungsgänge, Augenoberflächen und der umliegenden Mastzellen im gewebe der Bindehaut und umliegenden Strukturen des Augapfels bewirken. Dies darf nicht ignoriert werden. Häufig erzählen Patienten, dass sie Allergien haben, aber es wird überhaupt nicht darauf eingegangen, stattdessen primär Tränenersatzmittel gegeben ohne Erfolg!

Die Pharmakotherapie der okulären Konjunktivitis ist häufig kombiniert mit einer Hand in Hand gehenden lokalen Therapie des Sicca-Syndroms und der interdisziplinären Einbeziehung des Allergologen. Es gibt:

Antihistaminika, Mastzellenstabilisatoren und Dual-Wirkstoffe also Antihistaminika und Mastzellenstabilisatoren (das erklärt, warum bei dem einen ein Antiallergikum gut wirkt und bei dem anderen schlecht, es war einfach der falsche Wirkstoff oder die falsche Dosierung.)

Hier eine Auflistung der häufigsten Präparate (egal ob konserviert oder unkonserviert), natürlich sehe ich eine langfristige antiallergische Behandlung nur unkonserviert.

Antihistaminika (Wirkstoffgruppen/kein Produktname)

 (Emedastin) Wirkeintritt weniger als 5 Min

 (Levocabastin) Wirkeintritt 30 Min

Mastzellstabilisatoren

 (Cromoglizidinsäure) Wirkeintritt 1 bis 4 Wochen

 (Lodoxamid) Wirkeintritt 6 bis 48 Std.

 (Nedocromil) Wirkeintritt 6 bis 48 Std.

Dualer Wirkstoff Antihistaminikum/Mastzellenstabilisatoren

(Azelastinhydrogencarbonat) Wirkeintritt 10 bis 20 min.

 (Epinastin) Wirkeintritt 15 bis 30 Min.

 (Ketoifen) Wirkeintritt 5 Min.

 (Olopatadin) Wirkeintritt 5 Min.

Starke Antiallergika (KORTIKOSTEROIDE)

 (Dexamethason)

 (Loteprednoletabonat)

 (Dexamethason)

 (Prednisolon)

Quellen: sicca.care, Augenärztliche Vordbildungen CME D. Rachwalik, U. Pleyer

 

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